Die Anatomie der Sache

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Die Anatomie der Sache (unsere Sicht auf Anatomie)

Die Anatomie ist die Basis des ärztlichen Handelns. Diese Bewertung beschreibt zum einen die Relevanz des anatomischen Wissens für die Diagnostik und Therapie in der klinischen Tätigkeit. Andererseits ist diese Einordnung auch historisch zutreffend, da über viele Jahrhunderte Medizin und Anatomie gleichzusetzen waren und eine naturwissenschaftlich fundierte Krankheitslehre (Pathologie) nur aus der Anatomie abgeleitet werden konnte.
In dieser Einschätzung stimmen die meisten Ärztinnen und Ärzte überein und es ist auch nicht schwierig, unsere Studierenden von dieser Bewertung zu überzeugen.

Das ändert allerdings erstmal wenig daran, dass die Anatomie als komplex und unbewältigbar empfunden wird, wie wir noch aus unserem eigenen Studium wissen. Das ist eigentlich betrüblich und unnötig, da die makroskopische Anatomie alles andere als eine abstrakte Wissenschaft ist und man alle Inhalte mit den eigenen Händen, Skalpell und Pinzette darstellen und mit dem eigenen Auge sehen kann. Daher liegt der Schluss nahe, dass die Komplexität durch eine zum Teil übermäßige Systematisierung und eine unnötige Granularität des Detailwissens generiert wurde. Auch diese Fehler in der Präsentation des anatomischen Wissens ist historisch begründet, da es zunächst dem Ehrgeiz der Wissenschaftler entsprach, alle Details systematisch und topographisch korrekt darzustellen. Diese Entwicklung ging übergangslos in die Phase über, in der die Anatomen selbst durch Kultivierung des Detailwissens über ihren progredienten Bedeutungsverlust hinwegtäuschen wollten, da sie lange den Einstieg in die experimentelle Forschung verschlafen und andererseits auch den Überblick verloren hatten, welche anatomischen Inhalte für die Klinik überhaupt relevant sind.

Verschiedene Pioniere haben bereits vor mehreren hundert Jahren Lehrbücher begründet, um diesen Misstand zu beheben, sodass wir von verschiedenen Anatomiebüchern mit einer langen Tradition profitieren können. Besonders seit Beginn des neuen Jahrtausends hat die Evolution der Lehrmedien im Bereich der Anatomie nochmals Fahrt aufgenommen, sodass die moderne Anatomie jetzt in einer viel besseren Situation ist als noch vor dreißig Jahren.

Das Konzept von quowadis-Anatomie

Bei der Entwicklung von quowadis-Anatomie haben wir daher konsequent auf Strukturierung und Gewichtungen der einzelnen Inhalte gesetzt. Damit haben wir eine Didaktik eingeführt, die in Lehrbüchern nicht möglich ist, da diese zu einem bestimmten Grad vollständig sein müssen. Trotzdem war immer das übergeordnete Ziel, dass die Inhalte für alle Medizin-Studiengänge an allen Universitäten Gültigkeit haben sollten, anstatt nur eine Gewichtung an einer bestimmten Fakultät wiederzugeben.

Umgekehrt können wir allerdings eine Vollständigkeit bieten, wie sie durch Vorlesungen an Universitäten heutzutage nicht mehr abzubilden ist, da zum einen die zur Verfügung stehende Unterrichtszeit immer kürzer geworden ist und sich mit der Einführung einer neuen Approbationsordnung auch noch weiter verkürzen muss. Zum anderen ist es auch didaktisch nicht sinnvoll und zeitgemäß, die komplette Systematik von Knochen, Muskeln oder Arterien mit ihren Ästen in einer Präsenzvorlesung abzuhandeln.

Aus diesen Überlegungen folgt, dass quowadis kein Ersatz für Lehrbücher oder Vorlesungen ist, sondern vielmehr eine Brücke zwischen diesen didaktischen Mitteln darstellen soll. Es bleibt weiterhin sinnvoll, ein Lehrbuch der Anatomie komplett von vorne bis hinten durchzuarbeiten, da jedes Buch eine eigene Systematik und Konzeption hat und man nur dann alle Inhalte kennengelernt hat, wenn man das Buch im Ganzen kennt. Diese systematische Darstellung des anatomischen Wissens ohne zu viel Redundanz kann kein anderes Lehrmittel bieten. Ein Atlas ist für die Präparation weiterhin notwendig, wie man schnell feststellen kann, wenn Personen ohne fundiertes Wissen (was Studierende in einem Präparierkurs zwangsläufig sind) ohne Atlas präparieren und gar nicht wissen, was sie dabei alles zerstören. Ein Atlas bietet außerdem die Möglichkeit, strukturelle und topographische Sachverhalte durch die Darstellung mehrerer Abbildungen anschaulich darzustellen und so zu vereinfachen. Lernen kann man aus einem umfassenden Atlas aber nicht, da er zu viel Redundanz beinhaltet und manche Inhalte sogar zu kurz kommen können, wenn es zu wenig geeignete Bildmaterial gibt. 

Auch Vorlesungen bleiben weiterhin unersetzbar, da man für ein sehr heterogenes Auditorium, wie es in einem ersten Semester des Medizinstudiums an einer Universität zusammenkommt, gleiche Gewichtungen und Zielsetzungen formulieren kann und außerdem auch theoretisches Wissen anhand von Präparaten und Modellen präsentieren kann, wie es nur die technische Ausstattung einer Universität zulässt. Allerdings hat uns die Covid-Pandemie auch gelehrt, dass Präsenzvorlesungen alles andere als selbstverständlich sind und man auch bei einer vorausschauenden Planung nicht davon ausgehen kann, dass diese auch so gehalten werden können.

Die Gewichtungen haben wir bei quowadis-Anatomie bisher dadurch erreicht, dass wesentliche Inhalte ausführlicher und auf mehr Seiten dargestellt wurden, während weniger relevante Inhalte zusammengefasst und gekürzt wurden. Irrelevante Inhalte, die momentan keine Anwendung in der Klinik finden oder höchstens für Spezialdisziplinen relevant sein mögen, sind sogar komplett ausgelassen worden.

Auch die klinischen Bezüge geben einen guten Eindruck, welches anatomische Wissen man für die ärztliche Tätigkeit braucht. Es handelt sich dabei also nicht um willkürlich ausgewählte Appetithappen, wie es noch zu unseren Studienzeiten der Fall war. Vielmehr  sollen die klinischen Bezüge möglichst vollständig alle klinischen Anwendungen des Anatomie-Wissens darstellen.

Wenn man dies alles so berücksichtigt, sollte man für alle mündlichen Testate und Klausuren in den Präparierkursen und Modulen an allen Universitäten gut gerüstet sein und auch das mündliche Staatsexamen (Physikum) oder äquivalente Prüfungen gut meistern können. Durch Merke-Kästen und IMPP-Buttons wurde außerdem angegeben, was auch in den schriftlichen Staatsexamina schon gefragt wurde und besonders häufig abgeprüft wird. Damit berücksichtigen wir auch die Abdeckung der anatomischen Inhalte in Prüfungen (Assessment drives learning). Dabei handelt es sich allerdings um einen rückwärtsgewanten Ansatz, bei dem verschiedene sehr relevante Inhalte aus verschiedenen Gründen unterrepräsentiert sind (Body bit: Das wäre so, als würde man im klinischen Studium in Zukunft zu Covid-19 nur das unterrichten, was zu diesem Krankheitsbild schon einmal in einem Staatsexamen gefragt worden ist).

Alle bisher genannten Gewichtungen sind rein inhaltlicher Natur. Die Subjektivität in der Gewichtung besteht bei all diesen Tools neben der Darstellung der Anatomie in allen verfügbaren internationalen Lehrbüchern und Atlanten bisher in unserer Bewertung der Relevanz für die klinischen Fächer, mit denen wir uns durch unsere eigene Tätigkeit, über gemeinsame Fortbildungsveranstaltungen, persönlichen Kontakt und Medien wie das Ärzteblatt austauschen.

Was sind Body bits?

Mit Body Bits  wollen wir Gewichtungen und Bewertungen einführen, um das Anatomie-Wissen zu strukturieren. Wir wünschen uns, dass man sich die Inhalte damit leichter erschließen kann und die erlernten Details besser im Gedächtnis behält und miteinander verknüpft. Wir geben in den Body bits auch eine Einschätzung wieder, was man momentan wissen sollte und was man an den Gegenstandskatalogen der Anatomie in Zukunft weiter reduzieren könnte.

Die Body bits sollen damit auch subjektivere Standpunkte auf einer Metaebene wiedergeben, die über die Vermittlung von Wissen hinausgeht und oder davon unabhängig ist. Nichts davon ist damit direkt prüfungsrelevant und muss daher auch nicht gelesen werden. Wir wollen Erkenntnisse oder auch Eindrücke formulieren, die sich daraus ergeben, dass wir seit bald 30 Jahren die Anatomie-Lehre überblicken und neben dem Unterricht an Universität auch viele Entwicklungen im Lehrbuchmarkt verfolgt und mitgestaltet haben. Neben der Retrospektive haben wir aber auch ein Auge auf zukünftige Entwicklungen, da wir bei der Gestaltung des NKLM (Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin) aktiv beteiligt sind, der die Grundlage der kommenden Approbationsordnung (AO) für die Medizin und in angepasster Form auch bereits für die neu eingeführte AO in der Zahnmedizin darstellt. Wir geben damit auch Einschätzungen "on the fly" wieder, was in Lehrbüchern nicht möglich ist und in Vorlesungen aus Zeitgründen oft entfällt. All das entsteht in einem diskontinuierlichen Prozess eher so, als würde man auf Twitter die Inhalte beim Lesen eines Anatomiebuchs reflektieren.

Zusätzlich wollen wir auch ein paar „Klinische Glanzlichter“ hervorheben. Die oben beschriebene Gewichtung und Fokussierung bringt es mit sich, dass man sich wie in der Vorlesung dabei ertappt, dass alles Vorgetragene wichtig ist, weil das Unwichtige ja bereits gestrichen wurde. Aber auch bei den wichtigen Inhalten gibt es Beispiele, dass die klinischen Bezüge pure angewandte Anatomie sind. Es handelt sich bei den Glanzlichtern daher nicht um inhaltliche Gewichtungen für irgendwelche Prüfungen, sondern beschreibt Meilensteine der Medizin oder auch Beispiele, anhand derer verständlich wird, dass scheinbar nutzloses topographisches Wissen klinisch relevant werden kann, selbst wenn es nur in selten Fällen ist. 

Vielleicht freuen sie sich ja, wenn sie mal den ein oder anderen Body bit finden und dieser für sie hilfreich oder aufmunternd ist. Für uns ist es auch wichtig, dass die Anatomie mit quowadis Spaß macht!

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